Der alte Sägebock

Mein Sägebock ging heut` entzwei,
mein Freund aus alten Tagen.
Sein Erdendasein ist vorbei, 
leis` muss ich es beklagen.

Getreu, wenngleich auch etwas morsch,
hat er den Dienst verrichtet,
ich Unhold hab` ihn wohl zu forsch
beim Sägen heut` vernichtet. 

Ob nun der Holzwurm schuld dran war,
ob es die Altersschwäche,
nichts auf der Welt ist immerdar,
der Letzte zahlt die Zeche.

Zum Hochzeitsfest, ich weiß genau,
vor vielen, vielen Jahren,
hab` ich auf ihm mit meiner Frau
gesägt, das Glück zu wahren.

Getreu nahm er in seiner Mitt` 
das Holz sich in die Klemme
und mit der Säge scharfem Schnitt
zerteilte ich die Stämme.

So überstand er manchen Streit
und viele meiner Streiche.
Leb` wohl und schlaf in Ewigkeit,
du alte deutsche Eiche.

In Dankbarkeit, die nie versiegt,
schau ich auf Balken, Streben. 
Mein Freund, der jetzt im Staube liegt,
hat ausgehaucht sein Leben.

Er, der mir stets zur Seite stand, 
den ich geliebt, geachtet, 
er ward durch mich, die Freundeshand,
zerschmettert und geschlachtet. 

Das Schicksal unsre Wege trennt.
Ich möcht` es so umschreiben: 
Der Bock bald im Kamin verbrennt.
Ich darf noch etwas bleiben…

 ( aus “ HEITER WEITER, 2011 )

                     Holzwolle

Es gab einen Laden in unserer Stadt,
der ließ meine Augen erstrahlen.
Ich drückte am Fenster die Nase mir platt,
mein Blick schweifte zu den Regalen.

Ob Schaukelpferd, Eisenbahn, Blechfeuerwehr,
ein jedes das Herz mir entfachte.
Ich aber mochte den Plüsch-Teddybär,
den mir drauf der Weihnachtsmann brachte.

Als Teddy im Ringkampf ein Bein jäh verlor,
im Spaß einer Überwurfrolle,
quoll aus seinem Inneren plötzlich hervor
ein Büschel aus grober Holzwolle.

Mein Spielkamerad, mein Freund und mein Stolz,
ein Großmeister der Maskerade!
Sein Inneres waren nur Späne aus Holz,
sein Äußeres, reine Fassade. 

Solange man klein ist, ein Kind auf der Welt, 
so hab ich im Leben erfahren, 
strebt man nicht nach Ansehen, Rang oder Geld,
das zählt erst in späteren Jahren.

Als hiernach die Wünsche dann nicht mehr so klein
und ich griff vergnüglich ins Volle, 
war wiederum vieles Fassade und Schein,
dahinter, wie üblich – Holzwolle…

( aus “ HEITER WEITER, 2011 )

                  Besuch bei Mutter 

Ich stehe vorm Haus und mir geht durch den Kopf:
„Wie sie mich wohl heute empfängt?“
Mein Daumen drückt zögernd den Türklingelknopf,
lang` hab` den Besuch ich verdrängt.

Gealtert und müde, die Haltung gebückt,
steht Mutter mit offenem Haar
ergraut in der Türe und ruft hochbeglückt:
„Mein innigster Wunsch, er wird wahr!

Tritt ein in die Stube und setz dich zu mir!
Ich koche uns Kaffee geschwind.
Du warst eine Ewigkeit schon nicht mehr hier.
Ich hab` mich gesehnt nach dir, Kind“.  

Sie scherzt, doch ich spüre, ihr Herz, das ist schwer,
ich schaue verlegen zur Uhr.
Die Mutter hält inne, ihr Blick, der wird leer,
sie holt meinen Mantel im Flur.

“Falls dir etwas fehlt, ich bin stets für dich da !“.
Still bringt mich die Mutter ans Tor.
Sie kämpft mit den Tränen, die urplötzlich nah
und flüstert mir leise ins Ohr:  

“Das, was einem Mutterherz fehlt auf der Welt,
ist Hoffnung auf mehr Zweisamkeit.
Ich habe doch alles, ich brauche kein Geld.
Mein Kind, schenk mir einfach mehr – Zeit...”  

          Junge Herzen

Mein Herz bleibt jung, weil es vermag
zu leben und zu lachen
und weil es gerne Tag für Tag
will andern Freude machen.

Mein Herz bleibt jung, weil es erquickt
am Schönen sich und Wahren,
auch ist es nie am Neid erstickt
in all den vielen Jahren.

Mein Herz bleibt jung, denn unversehrt
gibt es mir Kraft und Ruhe,
Zufriedenheit am eignen Herd,
bei allem was ich tue.

Mein Herz bleibt jung, weil es versteht
mir Nachsicht zu verleihen,
selbst wenn der Wind mal heftig weht, 
vermag es zu verzeihen.

Mein Herz, das bleibt für immer jung,
weil es zuletzt nicht minder
mit Wonne und Begeisterung
ein Herz hat auch für Kinder.

Solange mir mein Herz, mein Blut,
vermag all dies zu geben,
solang` verlier ich nicht den Mut
an Liebe, Lust und Leben….